Bild: Rose (nachbearbeitetes Photo)
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Gott, der du bist das höchste Gut
1.) Gott, der du bist das höchste Gut,
Das uns erquicket Herz und Mut,
Wie schön bist du geschmücket!
Wenn ich in dieser Leidenszeit
Betrachten mag dein' Herrlichkeit,
So werd' ich ganz entzücket.
Es wird die höchste Pracht der Welt
Allein durch dich, Herr, vorgestellt.
2.) Im Himmel ist doch nichts so groß,
Nichts gibt uns auch der Erdenkloß,
Das dir, Herr, zu vergleichen.
Dein' Engel, welche vor dir stehn,
Und prächtig zwar sind anzusehn,
Die müssen plötzlich weichen,
O Schöpfer, deiner Majestat,
Die tausend Sonnen Klahrheit hat.
3.) Der Engel Licht entspringt ja ganz
Aus deinem teurem Himmelsglanz.
O Gott, wer kann g'nug loben
Dein' unaussprechlich' Herrlichkeit,
Welch', alles Wechsels ganz befreit,
Bleibt ewiglich erhoben?
Wer deine Zierd' im Geist bedenkt,
Wird schnell in Himmelslust versenkt.
4.) O schönster Gott, o teu'rster Schatz,
Dass noch die Sünd' in mir auch Platz
Durch Satans List kann haben,
Herr, das betrübt mich dergestalt,
Das ich schier wollte mit Gewalt
Mein eignes Herz durchgraben.
Soll deiner Schönheit güldner Schein
Durch solchen Kot beschmutzet sein?
5.) Jedoch weil Jesus, Gottes Sohn,
Der Menschen Heil und Gnadenthron,
Selbst ist ein Mensch geworden,
So hat er uns auch schön gemacht,
Ja, durch sein' Angst und Kreuz gebracht
In der Gezierten Orden.
Jetzt deckt er unsre Mängel ganz
Durch seinen Schmuck und Himmelsglanz.
6.) Des Himmels Schönheit merk ich an,
Welch' ich nicht g'nug betrachten kann:
Wie glänzen doch die Sterne!
Wie nimmt der Mond doch ab und zu,
Wie läuft die Sonn' ohn' End und Ruh,
Wie glitzert sie von ferne!
Hat solchen Schmuck die Sonn' allein,
Wie schön muss wohl ihr Schöpfer sein?
7.) Der Kräuter, Bäum' und Blumen Pracht
Nehm' ich auch billig jetzt in acht,
Wem soll er nicht behagen?
Die Rosen, Lilien, Tulipan
Bezieren so den Gartenplan,
Dass es nicht auszusagen.
Hat solchen Schmuck die Blum' allein,
Wie schön muss wohl ihr Schöpfer sein?
8.) Wer kann sich doch verwundern g'nug
Der Vögel Schnellheit, welcher Flug
Oft streitet mit den Winden?
Wer kann recht setzen zu Papier
Den Unterscheid so vieler Tier'
Auf Bergen und in Gründen?
Hat solchen Schmuck ein Tier allein,
Wie schön muss wohl sein Schöpfer sein?
9.) Bald such ich in der Erden Schoß
Gold, edle Stein und Silberkloß,
Auch tausend andre Schätze.
Hierin betracht ich Gottes Güt',
Auf dass dadurch sich mein Gemüt
Absonderlich ergetze.
Hat solchen Schmuck das Erz allein,
Wie schön muss wohl sein Schöpfer sein?
10.) Ach Gott, wie werden wir so schön
In jenem Leben vor ihm stehn,
Wenn nunmehr ist erschienen,
Dass wir den Schöpfer ähnlich sind,
Schön, mächtig, heilig, stark, geschwind
Und gleich den Cherubinen!
Ihn werden wir zur selben Frist
Recht klärlich schauen, wie er ist.
11.) Doch alle Schön- und Herrlichkeit,
Welch' uns in jener Freudenzeit
Soll zugeteilet werden,
Die kommt, O Jesu, bloß von dir.
Drum wünsch und seufzt ich für und für,
Dass bald ich von der Erden
Gen Himmel möge schwingen mich,
Dir Lob zu singen ewiglich.
12.) Da soll mein Leib, der hier nichts wert
Und dort so herrlich wird verklärt,
Gleich wie die Sonne prangen.
Denn weil, o Gott, dein Kleid ist licht,
Kann mir's an Klarheit mangeln nicht.
Drum ruf ich mit Verlangen:
Mein Heiland, lass doch bald mich gehn,
Dein' höchste Schönheit anzusehn!
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Text: Johann Rist
Melodie: Gott, der du selber bist das Licht
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gefunden in:
A. Fischer / W. Tümpel:
Das deutsche evangelische Kirchenlied des 17. Jahrhunderts,
Band 2, Hildesheim 1964.
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Dichtungen
von Johann Rist
Leipzig, 1885
Thema: Gottes Reich und Eigenschaften
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Johann Rist, auch seltener Johannes (* 8. März 1607 in Ottensen (heute Stadtteil von Hamburg); † 31. August 1667 in Wedel in Holstein) war ein deutscher evangelisch-lutherischer Pastor, Schriftsteller und berühmter Lieddichter der Barockzeit.
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